Krankheit & Therapie

Gallensteine

Gallensteine (Cholelithiasis): Versteinerungen von Gallenflüssigkeit in der Gallenblase oder in den Gallengängen. Etwa 15 % der Frauen und 7,5 % der Männer entwickeln im Laufe ihres Lebens Gallensteine, bei Menschen mit Leberzirrhose und entzündlichen Darmerkrankungen kommen sie bei bis zu 30 % der Betroffenen vor. Je nach Lage und Größe bleiben die Gallensteine unbemerkt (stumme Gallensteine) oder es kommt zu Beschwerden wie Oberbauchschmerzen oder sogar heftigen krampfartigen Gallenkoliken. Gallensteine, die Beschwerden verursachen, ein Krebsrisiko darstellen oder in den Gallengängen sitzen, werden operativ entfernt.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Oberbauchschmerzen, leichtes Ziehen im Oberbauch
  • Völlegefühl, Blähungen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Verdauungsbeschwerden
  • Krampfartige heftige Schmerzen bei einer Gallenkolik.

Wann zum Arzt

In den nächsten Stunden in die Arztpraxis oder ins Krankenhaus, wenn

  • starke kolikartige Schmerzen im rechten Mittel- und Oberbauch auftreten (Verdacht auf Gallenkolik, siehe dort).

In den nächsten Tagen bei

  • häufig wiederkehrenden Oberbauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Gallensteine entstehen, wenn die Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit so verändert ist, dass einzelne Bestandteile wie z. B. Cholesterin oder Bilirubin kristallisieren. Zunächst bilden sich kleine Kristalle, die sich im Laufe der Zeit zu größeren Gallensteinen verbinden und weiterwachsen. Den größten Anteil haben mit 80 % Cholesterinsteine und gemischte Gallensteine; die restlichen 20 % sind Bilirubinsteine. Bis zu 20 % aller Gallensteine enthalten aufgrund von entzündlichen Prozessen auch Kalk.

Klinik

Gallensteine rufen in 75 % der Fälle keine Beschwerden hervor, z. B. weil sie besonders klein sind oder an einer Stelle in der Gallenblase liegen, an der sie nicht weiter stören. Bei 25 % der Gallensteinträger*innen entwickeln sich jedoch Symptome. In leichteren Fällen handelt es sich um Oberbauchschmerzen und/oder Verdauungsstörungen, die besonders häufig nach fettreichen Mahlzeiten auftreten. Eine schmerzhafte Gallenkolik entsteht, wenn ein Gallenstein am Ausgang der Gallenblase oder in den Gallengängen eingeklemmt wird und dadurch den Abfluss der Galle stört.

Komplikationen

Komplikationen bei Gallensteinen sind Gallenblasenentzündungen (häufig), seltener Gallenblasenriss, Bauchspeicheldrüsenentzündung (wenn ein Gallenstein den Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse verlegt), Schrumpfgallenblase und Gallenblasenkrebs.

Risikofaktoren

Eine Reihe von Risikofaktoren ist für die Entstehung von Gallensteinen bekannt. Dazu gehören

  • Übergewicht
  • Diabetes mellitus
  • Weibliches Geschlecht
  • Schwangerschaft
  • Alter über 40 Jahre
  • Helle Haut und blonde Haare
  • Genetische Prädisposition (Gallensteinleiden bei Familienangehörigen)
  • Rasche Gewichtsabnahme (über 5 kg im Monat).

Diagnosesicherung

Bei Verdacht auf Gallensteine greift die Ärzt*in nach gründlicher Befragung und klinischer Untersuchung der Patient*in meist als erstes zum Schallkopf und macht eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums. Gallensteine, die größer sind als etwa 5 mm erkennt sie leicht an ihrem Schatten im Ultraschall (siehe Abbildung). Daneben gibt es noch weitere bildgebende Untersuchungen, mit denen die Ärzt*in den Gallensteinen auf die Spur kommt: Die Endosonografie (innerer Ultraschall, in der Regel mithilfe eines Endoskops, das über den Magen bis zum Gallengang vorgeschoben wird) und die Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikografie (MRCP). Kalkhaltige Gallensteine sieht man gut in einer Röntgen-Leeraufnahme des Bauches. Bei Verdacht auf Gallensteine im Gangsystem bedient sich die Ärzt*in der endoskopisch retrograden Cholangio-Pankreatikografie (ERCP). Ein Vorteil dieser Untersuchung ist, dass kleine Steine gleich durch den Katheter entfernt werden können.

Neben den bildgebenden Verfahren sind verschiedene Laboruntersuchungen hilfreich: Bei einem Verschlussikterus ist das Bilirubin im Blut erhöht, der Gallenstau führt außerdem zu einem Anstieg von Gamma-GT und alkalischer Phosphatase. Blutbild und Blutsenkungsgeschwindigkeit geben Auskunft, ob etwa ein entzündliches Geschehen vorliegt.

Differenzialdiagnosen. Unspezifische Beschwerden wie leichtes Ziehen oder Schmerzen im rechten Oberbauch sowie Verdauungsbeschwerden können auch von einem Reizdarm, einem Reizmagen, einer Ulkuskrankheit und vom Magenkrebs ausgelöst werden. Krampfartige Koliken kommen außer bei der Gallenkolik auch bei auch bei einer Nierenkolik oder der Harnleiterkolik (Einklemmung von Nierensteinen im Harnleiter) vor

Behandlung

Ob und wann Gallensteine entfernt werden müssen hängt davon ab, ob sie Beschwerden machen, wie groß sie sind und wo sie liegen.

Gallenblasensteine

Gallensteine in der Gallenblase, die keine Beschwerden verursachen und z. B. bei einer Ultraschalluntersuchung des Bauches zufällig gefunden werden, belässt die Ärzt*in in der Regel. Ausnahmen sind Steine, die größer als 3 cm sind: sie werden entfernt, weil sie das Risiko für die Entwicklung von Gallenblasenkrebs erhöhen.

Führen Gallenblasensteine zu Oberbauchschmerzen oder Koliken, raten viele Ärzt*innen zur operativen Entfernung der Gallenblase, da weitere Koliken und andere Komplikationen drohen. Diese Operation heißt Cholezystektomie und wird fast immer einige Wochen nach Ablauf der akuten Beschwerden laparoskopisch durchgeführt. Dabei entfernen die Ärzt*innen nur die Gallenblase, der Gallengang selbst bleibt bestehen, damit die Galle weiter von der Leber in den Darm abfließen kann.

Gallengangsteine

Gallengangsteine müssen immer entfernt oder aufgelöst werden – zu groß ist die Gefahr von Komplikationen durch einen kompletten Verschluss der Gallenwege. Da die eigentliche Ursache der Steinbildung aber in der Gallenblase selbst liegt, entfernen die Ärzt*innen nach erfolgreicher Gallensteinentfernung in einer weiteren Operation auch die Gallenblase, vorwiegend per laparoskopischer Cholezystektomie (siehe oben).

Zur Entfernung der Gallengangsteine dient vor allem die endoskopisch-retrograde-Cholangio-Pankreatikografie (ERCP). Bei diesem Eingriff können die Ärzt*innen die Steine nicht nur beurteilen, sondern mit endoskopischen Instrumenten oft auch gleich entfernen. Zunächst versuchen die Ärzte während der ERCP, die Mündung des Gallengangs in den Darm mit einem kleinen Schnitt zu erweitern. Oft entleert sich dadurch schon Galle mitsamt steckengebliebenen Konkrementen in den Darm und das Problem ist behoben. Reicht dieser Schnitt nicht, führen die Ärzt*innen über den Katheter ein kleines Körbchen in den Gallengang und angeln den Stein damit heraus. Ist der Gallenstein für dieses Manöver zu groß, zertrümmert ihn die Ärzt*in mit einem ebenfalls durch den Katheter geschobenen Spezialinstrument (per Laser oder mechanisch) und entfernt die Bruchstücke dann mit dem Körbchen.

Misslingen all diese Verfahren, hilft nur noch die chirurgische Operation. In einer Sitzung entfernen die Ärzt*innen dann die Gallenblase und stellen den Galleabfluss mit einem Stent zum Darm oder einer Drainage nach außen wieder her.

Medikamentöse Behandlung und Stoßwellentherapie

Gallenblasensteine aus Cholesterin lassen sich manchmal auch durch die Gabe von Ursodeoxycholsäure (z. B. Ursofalk®) auflösen. Voraussetzung dafür sind

  • eine funktionstüchtige Gallenblase
  • ein durchgängiger Gallengang und
  • dass die Cholesterinsteine < 5 mm sind.

Dazu muss die Patient*in mindestens 6 Monate lang 10 mg Ursodeoxycholsäure pro Tag einnehmen. Immerhin 60 % der Betroffenen werden steinfrei – allerdings mit einem hohen Risiko, dass erneut Steine und Beschwerden auftreten. Ist das der Fall, raten die Ärzt*innen in der Regel nicht zu einer Wiederholung der medikamentösen Therapie, sondern zu einer Entfernung der Gallenblase.

Manche Ärzt*innen bieten zur Behandlung von Gallensteinen auch die extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWL) an. Aufgrund des hohen Risikos, dass sich danach erneut Steine bilden, empfehlen die aktuellen Leitlinien die ESWL nicht zur Behandlung von Gallensteinen.

Prognose

Nach Entfernung der Gallenblase verschwinden die Gallenstein-Beschwerden meist dauerhaft – vor allem, wenn die Betroffenen auf einen vernünftigen Lebensstil achten (siehe unten). Bei bis zu 50 % der Patient*innen kommt es jedoch nach der Gallenblasenentfernung zu einem Postcholezystektomiesyndrom. Etwa 10 % der operierten Patienten entwickeln erneut Gallensteine – und zwar im Gallengangsystem.

Gallenblasensteine über 3 cm Durchmesser verzehnfachen das Risiko für Gallenblasenkrebs und werden deshalb meist mitsamt der Gallenblase vorsorglich entfernt.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Fette meiden. Bei Gallensteinleiden werden fettreiche Speisen bzw. in Fett gebratene oder gebackene Speisen meist nicht gut vertragen. Stellen Sie Ihre Ernährung deshalb nach den Prinzipien der gesunden Vollwertkost um und kochen Sie möglichst fettarm. Auch Kaffee, Alkohol und regelmäßiger Nikotinkonsum fördern Gallenblasenbeschwerden: Deshalb sollten Sie diese Genussmittel ebenfalls meiden.

Viel Bewegung! Körperliche Aktivität schützt vor Gallensteinen. Bringen Sie sich in Schwung, fahren Sie Rad, machen Sie ausgiebige Spaziergänge, fangen Sie an zu Walken, Joggen oder schwimmen Sie. Angenehmer Nebeneffekt: Falls Sie Übergewicht haben, helfen diese Aktivitäten beim moderaten Abnehmen.

Keine einseitigen Diäten. Heilfasten oder einseitige Diäten erhöhen das Risiko für die Entstehung eines Gallensteins. Außerdem besteht hierbei die Gefahr, dass sich ein bereits vorhandener Gallenstein vergrößert.

Vorsichtige Gewichtsreduktion. Wenn Sie unter Übergewicht leiden, macht es jedoch Sinn, das Gewicht vorsichtig zu reduzieren. Die Betonung liegt auf vorsichtig: Denn wer mehr als 1,5 kg/Woche abnimmt, erhöht sein Gallensteinrisiko. Manche Experten empfehlen zur Reduktion dieses Steinrisikos die Einnahme von Ursodeoxycholsäure bis zur Gewichtsstabilisierung. Sprechen Sie mit Ihrer Ärzt*in darüber, ob das auch in Ihrem Fall sinnvoll ist.

Wärmeanwendungen. Bei kolikartigen Beschwerden helfen Wärmeanwendungen, z. B. feuchtwarme Auflagen oder warme Heublumenpackungen (als Heukompressen in der Apotheke erhältlich), die auf den rechten Oberbauch gelegt werden. Auch eine Wärmeflasche oder ein erwärmtes Kirschkernsäckchen sind geeignet.

Komplementärmedizin

Naturheilkundliche Maßnahmen können nur dann empfohlen werden, wenn keine Operation notwendig ist.

Pflanzenheilkunde. Zahlreiche Pflanzenextrakte gelten traditionell als wirksam zur Linderung von Gallenblasenbeschwerden. Die wichtigsten sind Artischockenblätter, Enzianwurzel, Wermutkraut, Curcumawurzelstock, Javanische Gelbwurz, Pfefferminzblätter, Löwenzahnwurzel und -blätter, aber auch Schöllkraut, Boldoblätter, Erdrauchkraut und Berberitzenkraut. Ihnen wird u. a. eine anregende Wirkung auf die Gallensaftproduktion zugeschrieben; zudem wirken Schöllkraut, Boldoblätter, Erdrauch- und Berberitzenkraut krampflösend. Die Naturheilkunde empfiehlt die Einnahme von standardisierten Einzel- oder Kombinationspräparaten (z. B. Aristochol® N-Tropfen, Cholosom Phyto® N-Dragees, Horvilan® N-Dragees).

Hinweis: Die Einnahme pflanzlicher Extrakte sollte beim Gallensteinleiden nicht ohne ärztliche Absprache erfolgen: Bei einer akuten Gallenblasenentzündung oder einem (drohenden) Gallenwegsverschluss dürfen die Präparate nicht eingenommen werden; bei einigen Mitteln gehören auch Gallensteine und Leberfunktionsstörungen zu den Gegenanzeigen. Spezielle gallensteinauflösende Präparate auf Pflanzenbasis (z. B. Gallith Weichgelatinekapseln®) sollten ebenfalls nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden.

Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt bei Erkrankungen der Gallenblase und Gallenwege u. a. Belladonna, Bryonia, China, Cimicifuga, Colocynthis, Lachesis, Lycopodium, Natrium sulfuricum und Pulsatilla.

Weiterführende Informationen

  • www.patientenleitlinien.de – Stichwortsuche Gallensteine: Patientenleitlinie der Universität Witten/Herdecke zur Diagnose und Behandlung von Gallensteinen.


Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski